Kripochef zu Gast bei der Alzheimergesellschaft

Der Leiter der Braunschweiger Kriminalpolizei Ulf Küch war Gast der Alzheimer Gesellschaft Braunschweig 
„In dem Dreieck Täter, Opfer, Polizei ist die Polizei der schwächste Punkt“, so begann Ulf Küch seinen Vortrag zum Thema Enkeltrick-Betrug. Der Chef der Braunschweiger Kriminalpolizei war am 06.09.2017 Referent der monatlichen Vortragsreihe der Alzheimer Gesellschaft Braunschweig in der Begegnungsstätte In den Rosenäckern.
Ulf Küch zeigte den 40 Zuhörern auf, wie die Enkeltrick-Kriminalität mit professioneller psychologisch ausgebildeter Mafia-Struktur besonders auch in Niedersachsen ihr Unwesen treibt. Handlungsempfehlungen Enkeltrick PDF

Allein in Braunschweig gab es in diesem Jahr schon 1.000 bei der Polizei gemeldete Anrufe. Davon wurde in 141 Fällen auch polizeilich ermittelt. „In wie vielen Fällen“, so fragte Küch sein Publikum, „ist es wohl zu einer Verurteilung gekommen?“
Küch beantwortet die eigene Frage schnell selbst: „In keinem einzigen Fall!“ Da die Täter meist aus dem Ausland agieren, ist die Ermittlungsarbeit der Polizei sehr aufwendig und auf die Kooperation mit der dortigen Justiz angewiesen.

Dadurch dass die Täter nach jedem Telefonat sofort das Handy wechselten und die Polizei wegen des Wegfalls der Möglichkeiten des Vorratsdatenspeicherungsverfahrens seit dem Jahr 2010 keine Datenverfolgung aufbauen kann und darf, steht der Enkeltrick-Kriminalität offenbar Tür und Tor offen. Varianten, wie der „Wasserwerker-Trick“ (hier verschaffen sich Kriminelle auch Zugang in Wohnungen), der „Polizisten-Trick“ und andere verschärfen die Gefahr noch.

Ulf Küch berichtete auch von seinem vehementen Engagement insbesondere gegenüber den deutschen Fachpolitikern. Die Polizei müsste dringend mit  moderner Technik ausgestattet werden. Die Kommunikationsfähigkeit der Ermittler müsste Bundesländer- und staatenübergreifend schleunigst ausgebaut werden. Aus seinen beruflichen Funktionen und seinem bundesweiten Einsatz für die Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung weiß Küch, wie wichtig es ist, dass sich die Politik für die Belange der älteren Menschen und auch für den Rat der Polizei interessiert.

Küch berichtete, dass in Braunschweig ein Drittel der Bevölkerung über 60 Jahre alt ist. Kommt es zu einem Strafprozess, kann der Verteidiger des Angeklagten den meist hochbetagten oder demenzkranken Zeugen als unglaubwürdig hinstellen. Meist erfolgt dann ein Freispruch. Viele Enkeltrick-Taten bleiben für den Täter folgenlos.

Ulf Küch beklagt, dass der Enkeltrick-Betrug von Polizei und der Justiz nicht einheitlich bewertet würde. Die Enkeltrick-Straftat würde vereinzelt von der Justiz wohl als Bagatelldelikt angesehen und nicht als Verbrechen.

Die Zuhörer folgten dem Vortrag gespannt und dankten dem Braunschweiger Kriminaldirektor für seine empathische und kritische Art mit viel Beifall.

In der anschließenden lebhaften Diskussion wurde deutlich, wie groß die Scham der Opfer des Enkeltricks wohl sein muss und dass es eine hohe Dunkelziffer nicht zur Anzeige gebrachter Taten gibt. Ausdrücklich lobte Ulf Küch die Braunschweiger Banken, die noch einen mit Personal besetzten Schalterbetrieb unterhalten. Hier gibt es eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Durch diese Zusammenarbeit konnte schon oft verhindert werden, dass große Geldbeträge in falsche Hände gerieten.

Ulf Küch rief alle Zuhörer auf, sich bei verdächtigen Situationen schnell der Polizei anzuvertrauen.
Der Braunschweiger Kriminaldauerdienst ist unter (0531) 476 2517 rund um die Uhr erreichbar. Auch die Notrufzentrale der Polizei -110- leitet alle Anliegen sofort an die richtige Stelle weiter.
Die Gerontopsychiatrische Beratungsstelle ambet e.V. hat außerdem Handlungsemfehlungen für Angehöriuge und Betreuer zusammengestellt: Handlungsempfehlungen Enkeltrick -PDF

Christoph Bettac (Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Braunschweig)